
Eine versicherte Person überquerte mit "Flip-Flop"-Sandalen eine gepflasterte Strasse, wobei sie stolperte bzw. ausglitt und eine Ermüdungsfraktur erlitt.
Die zuständige Unfallversicherung AXA Versicherungen AG verneinte ihre Leistungspflicht mit der Begründung, es handle sich bei diesem Ereignis nicht um einen Unfall im Rechtssinne und die erlittene unfallähnliche Körperschädigung sei überwiegend auf Abnützung zurückzuführen.
Das Verwaltungsgericht Bern hiess eine dagegen gerichtete Beschwerde gut und bejahte das Vorliegen eines Unfalls nach Art. 4 ATSG und wies die Sache zur weiteren Abklärung an die AXA Unfallversicherung zurück. Gegen dieses Urteil erhob die AXA Beschwerde beim Bundesgericht, welches insbesondere die Frage zu beurteilen hatte, ob es sich bei diesem Ereignis um einen Unfall handelt oder nicht.
Nach Art. 6 Abs. 1 UVG erbringt der Unfallversicherer die Versicherungsleistungen insbesondere bei Unfällen. Ein Unfall ist die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat (Art. 4 ATSG). Der äussere Faktor ist ungewöhnlich, wenn er - nach einem objektiven Massstab - nicht mehr im Rahmen dessen liegt, was für den jeweiligen Lebensbereich alltäglich und üblich ist (BGE 134 V 72 E. 4.1).
Das Merkmal des ungewöhnlichen äusseren Faktors kann auch in einer unkoordinierten Bewegung bestehen. Bei Körperbewegungen gilt dabei der Grundsatz, dass das Erfordernis der äusseren Einwirkung lediglich dann erfüllt ist, wenn ein in der Aussenwelt begründeter Umstand den natürlichen Ablauf einer Körperbewegung "programmwidrig" beeinflusst hat. Bei einer solchen unkoordinierten Bewegung ist der ungewöhnliche äussere Faktor zu bejahen; denn der äussere Faktor - Veränderung zwischen Körper und Aussenwelt - ist wegen der erwähnten Programmwidrigkeit zugleich ein ungewöhnlicher Faktor (BGE 130 V 117 E.2.1). Dies trifft beispielsweise dann zu, wenn die versicherte Person stolpert, ausgleitet oder an einem Gegenstand anstösst oder wenn sie, um ein Ausgleiten zu verhindern, eine reflexartige Abwehrhaltung ausführt oder auszuführen versucht (vgl. Urteil 8C_24/2022 vom 20. September 2022 E. 3.2 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht bestätigt im Urteil vom 24.10.2025 (8C_536/2024) den Unfallbegriff und hält insb. folgendes fest:
- In Fällen, in denen die Gesundheitsschädigung - wie hier - auch alleinige Folge insbesondere vorbestehender degenerativer Veränderungen eines Körperteils sein kann, muss die unmittelbare Ursache unter besonders sinnfälligen Umständen gesetzt worden sein (E. 4);
- Entscheidend ist, dass die Beschwerdegegnerin selbst konsequent ein Ausrutschen bzw. Ausgleiten schilderte und die AXA dies nicht bestritt bzw. bestreitet. Mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BGE 138 V 218 E. 6) ist damit erstellt, dass eine unkoordinierte Bewegung vorlag, bei der ein äusserer Umstand den natürlichen Bewegungsablauf programmwidrig und (hinreichend) sinnfällig beeinflusste, und die geeignet war, zu einer unphysiologischen Belastung zu führen (vgl. Urteil U 277/99 vom 30. August 2001 E. 3c). Das Tatbestandmerkmal des ungewöhnlichen äusseren Faktors ist somit erfüllt;
- Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Alltagssituation, in der ein Ausrutschen eine sinnfällige und programmwidrige Störung des Bewegungsablaufs darstellt (E. 5.2.2).
Abschliessend weist das Bundesgericht daraufhin, dass bei einem Stolpervorgang ohne Sturz bei sportlicher Betätigung ("Walken"/ Joggen) in der freien Natur, wo das Risiko eines Stolperns der Tätigkeit inhärent ist, ein Unfall verneint werden kann (vgl. Urteil8C_978/2010 vom 3. März 2011).